Lahaina has gone

Als wir dann am Mittwoch vor die Tür gingen, roch es immer noch nach Rauch. Sonst war bei uns nicht viel vom verheerenden Drama etwas weiter auf der gleichen Insel bemerkbar. So unterhielten wir uns darüber, wie wir bezüglich dem Ziplining von Donnerstag vorgehen sollen. Für uns eine spezielle Situation. Auf der einen Seite möchte man Rücksicht nehmen und nicht allzu viel unternehmen und geniessen. Auf der anderen Seite sind diejenigen, die noch arbeiten können auch dankbar, wenn wir die Wirtschaft noch unterstützen. Die Unternehmung hat uns am Abend die Entscheidung abgenommen. Auch für Donnerstag musste unser gebuchtes Ziplining gecancelt werden. Die Winde dauerten noch immer an, zudem gab es nun auch weitere Brände.

Die restlichen Tage verbrachten wir anschliessend immer in der Nähe von unserer Unterkunft und immer mit dem gleichen Programm. Strandbesuch, Tennis oder Pickle Ball, Poolzeit und Sonnenuntergang-Apéro am Strand bei uns. 

Am letzten Tag in Maui gingen wir noch in einen Surfshop einkaufen. Als wir zur Kasse kamen, war vor uns eine Familie, die einen Grosseinkauf tätigte. Wir haben dann von den Gesprächen gehört, dass sie auch zu denjenigen gehören, die durch den Brand alles verloren haben. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir auf Bilder und Videos gesehen, was der Brand in Lahaina alles hergerichtet hat. Trotzdem blieb es irgendwie immer ein bisschen unrealistisch und man hatte den Wunsch, dass man aus einem bösen Alptraum erwacht. Wenn dann plötzlich eine betroffene Familie vor einem steht, ist dies eine komplett neue und auch sehr emotionale Situation. Uns war klar, dass wir gegenüber dieser Familie nicht untätig sein können. In den USA gibt es Venmo eine Art Twint. Leider kann der Account nur mit einer amerikanischen Kreditkarte eröffnet werden. So war es uns nicht möglich, dieser Familie einen Betrag zu Twinten. Daher haben wir sie gebeten, sich weitere Kleider auszusuchen und wir haben ihnen diese bezahlt. Während die einen Kleider ausgesucht haben, haben wir mit der Mutter in unserem Alter gesprochen. Sie und ihr Mann waren auf Arbeit als das Feuer ausbrach. Die Kinder waren bei den Grosseltern. Die Mutter benötigte zwei Tage nach dem Brand, um alle Familienmitglieder (zum Glück) gesund aufzufinden. Es gab keinen Strom und so musste sie von Notunterkunft zu Notunterkunft fahren und schauen, ob sie jemanden aus der Familie fand. Aktuell wohnten sie etwa zu zehnt bei einem Bruder der Mutter im Wohnzimmer und müssen sich eine neue Unterkunft suchen. Unterstützung erhielten sie bis zu diesem Zeitpunkt lediglich bei den Lebensmittel, bei allen restlichen Bedürfnissen sind die Familien auf sich alleine gestellt. Die Situation ist uns sehr nahe gegangen. Unvorstellbar für uns, wenn dann wirklich nichts mehr da ist. 

Am Flughafen gab es seit Dienstag Abend verständlicherweise ein ziemliches Chaos. Hawaiian Airlines hatte am Mittwoch neun zusätzliche Flüge von Maui nach Honolulu vornehmen können, für Donnerstag waren sechs weitere geplant, am Freitag vier. Unseren Rückflug hatten wir für Sonntag von Maui direkt nach San Francisco gebucht. Am Donnerstag um die Mittagszeit verpasste Daniele einen Anruf von einer unbekannten Nummer. Kurz darauf haben wir auf Instagram gelesen, dass Hawaiian Airlines alle Personen, die in den nächsten 72 h ab Maui fliegen, Kontakt mit der Hotline aufnehmen sollten. So taten wir dies. Nach einer langen Wartezeit kam Daniele endlich zu einem Mitarbeiter durch. Dieser fragte nach, weshalb Daniele denn anrufe. Daniele erzählte ihm dann die Geschichte vom verpassten Anruf und der Info auf Instagram. Der Mitarbeiter teilte ihm mit, dass bei uns alles in Ordnung war, er aber nochmals alles prüfe. Nach erneuter Prüfung hat er festgestellt, dass unser Flug Maui – San Francisco annulliert wurde. So hat der Hotline-Mitarbeiter mit der Suche nach einem Ersatzflug begonnen. Leider brach genau in diesem Moment die Leitung ab. Das ganze Spiel von vorne. Wartezeit am Telefon für Daniele, ich prüfte unterdessen, ob die Swiss Flüge von San Francisco an einem anderen Tag noch Platz hätten oder ob es allenfalls noch freie Plätze in Flügen ab ab Los Angeles gäbe. Maui fliegt auch Los Angeles an, jedoch hätten wir dann unseren Swiss Flug umbuchen müssen. Am Ende konnten wir doch am Sonntag fliegen, neu war unser Ziel Sacramento.

Als wir am Sonntag zum Flughafen fuhren, hatten wir keine Ahnung wie viele Menschen uns am Flughafen erwarten. Wir berechneten lieber zu viel Zeit ein. Menschen gab es nicht sehr viele, dafür auf dem Feld vor dem Flughafen eine Riesen Blechlawine. Hunderte von Autos waren da abgestellt, viel waren mit Russ überdeckt. Alles Mietautos von Personen, die rasch aus Maui flüchten wollten oder mussten. Der Flug nach Sacramento dauerte knapp fünf Stunden und verging im Nu. Mit Sacramento lernten wir noch einen neuen, sehr schönen Flughafen kennen und hatten von da noch eine zweistündige Uber-Fahrt nach San Francisco.

Den letzten Tag von unseren Ferien verbrachten wir in San Francisco. Cable Car wollten wir unbedingt mal fahren. Es graute uns jedoch bereits von der langen Wartezeit, da gefühlt jeder mit diesem fahren möchte und wir diesen Morgen ausnahmsweise nicht sehr früh unterwegs waren. Zu unserer Freude gab es tatsächlich so zu sagen keine Touristen vor uns. Wir konnten gleich mit dem nächsten Cable Car fahren und die Fahrt auch stehend im Wind geniessen. Danach folgte Shopping und ein Abstecher zum Pier 39. Dort assen wir im Restaurant Bubba Gump noch etwas bevor es zum Flughafen ging. Ganz analog der Reise im letzten Jahr, allerdings war das Restaurant damals in Santa Monica.

Zurück in der Schweiz sind unsere Gedanken noch täglich in Lahaina. Wir immer noch endlos traurig, wie viele Faktoren am letzten Dienstag zusammengespielt haben und zu einem solchen Desaster geführt haben. Als wir die Bilder des abgebrannten Städli Lahaina sahen fehlten uns die Worte. Erst kürzlich waren wir noch da und haben wieder gesehen, welches Flair diese Ortschaft hat. Lahaina war unser absoluter Topfavorit auf Lahaina. Ein Ort, an dem man sich sofort wohl fühlt. Die Menschen sind ausgesprochen freundlich, die Holzhäuser super herzig, der Hafen idyllisch und der alte Banyan Baum einfach riesig. Für uns war klar, dass wir die Menschen, die hier alles verloren haben, unterstützen möchten. Die Frage war nur wen am Besten. Als wir dann gesehen haben, wie sich Sailtrilogy (mit ihnen haben wir den Segelausflug von Lahaina nach Lanai vorgenommen) für die aktuelle Situation einsetzten war gleich klar, dass es sie sein werden. Die Mehrheit der knapp über 160 Angestellten haben ihr zu Hause verloren. Dennoch haben sie versucht so viele Menschen wie möglich über den Seeweg zu retten und im gleichen Zug Lebensmittel und Hilfsgüter in die vom Rest von Maui abgeschnittenen Orte zu bringen. Wir hoffen stark, dass sich die Situation in Maui bald bessert und Lahaina wieder aufgebaut werden kann.

Für uns ist klar – wir kommen wieder. Maui a hui hou.